Jodis Ulriksdottir
 
Jodis Ulriksdottir


Mein Name ist Jodis Ukriksdottir, ich wurde in einem kleinen Dorf, einige Tagesreisen von Birka entfernt, im Winter des Jahres 888 geboren.

Meine Eltern besaßen einen überschaubaren Hof mit wenig Ackerland und etwas Vieh. Der Hof warf keinen Reichtum ab, aber es reichte um eine Familie zu ernähren. Ich liebte unser Dorf und die Arbeit dort, oft hütete ich unsere kleine Schafherde oder kümmerte mich um die Gänse.Abends am Feuer brachte mir meine Mutter das Nadeln bei und schon bald konnte ich aus der Wolle unserer Schafe Mützen und Socken herstellen. Ich war das älteste Kind meiner Eltern doch  hatte ich noch mehrere Geschwister.

Als ich sieben Jahre alt war gab es einen langen, kalten Winter mit so viel Schnee wie schon seit einem Mannesalter nicht mehr, so sagten die Alten. Für mich und meine Familie war es ein furchtbarer Winter, denn einige unserer Tiere erfroren oder starben, weil es nicht genügend Futter gab. Die Tiere, die uns blieben bekamen im Frühjahr keinen oder nur schwachen Nachwuchs, da sie den Winter über sehr abgemagert waren. Wir hatten Hunger und meine Eltern wussten nicht wie sie mich und meine Geschwister ernähren sollten. So fragten meine Eltern meinen Onkel, der  nahe bei Birka einen großen Hof hatte, ob ich bei ihm leben und arbeiten könne.



Es war ein gutherziger Mann namens Jómar und er war einverstanden mich bei ihm aufzunehmen. Ich hatte Heimweh doch die Mägde von Jómar und seine Frau waren sehr freundlich zu mir und schnell fühlte ich mich auf seinem Hof zu Hause. Auch die Arbeit dort machte mir Spaß und als ich eines Tages beim Gänsehüten ein entlaufenes Pferd von Jómar entdeckte und es nur mit meinem Gürtel einfing und es ihm nach Hause brachte, war er sehr beeindruckt.Von diesem Tage an ließ er mich mit seinen Knechten zusammen seine Pferde betreuen, mit denen er züchtete und Handel betrieb. Er ließ mich sie sogar reiten, da er merkte, dass ich gut mit ihnen umgehen konnte, obwohl ich noch ein junges Mädchen war. Doch ich war groß gewachsen und hatte schon genug Kraft, mit diesen wundervollen Geschöpfen zu arbeiten. Jómar schloss mich immer mehr in sein Herz und behandelte mich mit der Zeit wie sein eigenes Kind, da es ihm und seiner Frau nicht vergönnt war Kinder zu haben. Manchmal brachte er mir von seinen Reisen, auf denen er Pferde handelte, eine bunte Glasperle oder andere schöne Dinge mit.

Einmal aber brachte Jómar von seiner Reise ein paar kleine robuste, kräftige Ponys mit, die im Winter ein struppiges und im Sommer ein wunderschön glattes Fell hatten. Er sagte, er habe sie in Haithabu gekauft und sie stammten von einer kleinen Insel namens Island.  Es waren sehr gute Tiere, aber eines von ihnen wollte die Männer nicht tragen. Sobald sie sich auf ihn setzten fegte er los und ließ sich weder lenken noch anhalten. Dieses schwarze Pony hieß Pjakkur und  Jómar fluchte über diesen störrischen Esel.Doch mir gefiel dieses Pferd, das sich nicht brechen lies von den Männer und den Menschen immer mit Misstrauen und Vorsicht begegnete. Ich fragte mich, was er wohl auf seiner langen Reise erlebt hatte und ob er nicht zu Recht misstrauisch war, denn schon oft hatte ich die Knechte beobachtet, wie sie die Pferde schlugen. Ich begann mich mit Pjakkur zu beschäftigen und versuchte oft in seiner Nähe zu sein, aber ohne ihn dabei anzufassen. Schon bald wurde er neugierig, kam zu mir und beschnupperte mich. Nach einiger Zeit konnte ich ihn anfassen und Jómar, der mich beobachtet hatte sagte mir, wenn ich es schaffen würde diesen „Esel“ zu reiten, dürfte ich ihn behalten. Ich lies mir viel Zeit doch eines Tages setzte ich mich auf Pjakkurs Rücken und er trug mich wohin ich wollte und brachte mich immer sicher an mein Ziel. Es war eine Freundschaft, die auf gegenseitigem Vertrauen basierte und er trug niemanden sonst außer mir.  Jómar hielt sein Wort und ich war eine der wenigen Frauen, die ein eigenes Pferd besaß. Ich durfte oft lange Botenritte für  Jómar machen und verbrachte so viel Zeit, wie mit keinem anderen Menschen, mit meinem besten Freund Pjakkur.

Ich wurde älter und kam langsam in das heiratsfähige Alter. Manchmal machte sich  Jómar Sorgen, dass ich mich zu viel Draußen aufhielt und doch auch teilweise Männerarbeit verrichtete, doch wusste er, dass ich auch gut Frauenarbeit erledigen konnte und da sein Herz groß war und er sah, dass ich sehr glücklich war, lies er mir meine Freude und meine Freiheit und sagte sich, ich würde wohl noch früh genug Heiraten und eine „normale“ Frau werden. Mein Glück nahm ein jähes Ende als eines Winters Pjakkur krank wurde. Er konnte nicht mehr gut fressen und das lag nicht an seinen Zähnen. Ich kümmerte mich den ganzen Winter durch um meinen Freund doch es wurde nicht besser. Er fraß nur noch eingeweichtes Futter und wurde immer dünner. Ich sammelte Kräuter gegen die Entzündung, die er anscheinend im Mund haben müsste und wandte mich an die Götter. Doch ich wurde nicht erhört und eines Tages musste ich Abschied nehmen. Die Welt war nicht mehr schön und ich zweifelte an meinen Göttern. Wieso hatten sie mich nicht gehört? Ich verrichtete zwar meine Arbeit, aber ich trauerte jeden Tag um meinen treuen Gefährten. Jómar machte sich Sorgen um mich und beschloss, mich auf seine nächste Reise mitzunehmen.

 Wir waren sehr lange unterwegs und ich genoss das Schifffahren auf dem offenen Meer. Unser Weg führte uns nach Haithabu und ich staunte über diese große Stadt.  Jómar handelte und tauschte viel und schien viele Menschen hier gut zu kennen. Eines abends kam er auf unser Schiff zurück mit einem schwarzen Fellkneul im Arm. „Hier.“ sagte er zu mir und drückte mir einen Welpen in den Arm. „Den habe ich von einem Freund bekommen. Mein Freund suchte noch jemanden für diesen kleinen rüpelhaften Hund und du kennst dich doch mit störrischen Tieren aus. Ich denke, er wird dich, wenn er erstmal groß ist, gut beschützen.“




Ich war Jómar sehr dankbar, doch wusste ich, dass mir niemand Pjakkur ersetzen konnte. Aber Jómars Plan ging auf, denn der kleine rüpelhafte Hund lenkte mich gut von meinem Kummer ab. Mein kleiner Hund, den ich Joschi genannt hatte, wuchs schnell zu einem großen, wachsamen Hund heran. Ein hübsches Tier war er geworden und obwohl er mir gut gehorchte, blieb er immer ein wenig schelmisch und eigenwillig, der „kleine“ schwarze Hund. Wir reisten weiter nach Ribe, wo Jómar Freunde besuchen wollte. Jómars Freunde Jalfur und Margvis waren sehr nette Menschen und gute Gastgeber. Am besten aber verstand ich mich mit ihrer Tochter Brana und ihrem Mann Magnus. Oft saß ich abends mit Brana am Feuer, wo wir nadelten uns sie mir Geschichten erzählte. So erzählte sie mir auch, dass sie und Magnus sich mit anderen zusammengeschlossen hatten, um nach Island zu reisen. Branas Geschichten über die Insel aus Feuer und Eis faszinierten mich sehr und nachdem ich Hamar und Wenke kennengelernte, die ich alle sehr schnell ins Herz schloss, wollte ich um alles in der Welt mit ihnen nach Island reisen.

Das war einfacher gesagt als getan. Wie sollte ich als Frau alleine auf Reisen gehen? Ich lag Jómar so lange in den Ohren, bis er nachgab und mir erlaubte Brana als Magd zu begleiten.



Im Frühlings konnten wir uns endlich auf den Weg machen, bereits nach kurzer Wanderung stießen wir auf den Krieger Thorvald...


 



 
 
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